"Wir dagegen sind alle nur hier, um zu sterben. Das ist das Ziel, das die SS fĂĽr uns gewählt hat. Sie hat uns weder erschossen noch aufgehängt, doch jeder von uns muss, nachdem ihm rationell das Essen entzogen worden ist, in einer variablen Zeit zum vorgesehenen Toten werden. Das einzige Ziel eines jeden Einzelnen ist es also, sich daran zu hindern zu sterben. Das Brot, das wir essen, ist gut, weil wir Hunger haben, doch wenn es auch den Hunger stillt, so wissen und spĂĽren wir doch, dass sich mit ihm das Leben im Körper wehrt. Die Kälte ist schmerzhaft, aber die SS will, dass wir vor Kälte sterben, wir mĂĽssen uns gegen die Kälte schĂĽtzen, denn in der Kälte lauert der Tod. Die Arbeit ist ermĂĽdend – und fĂĽr uns absurd –, aber sie verbraucht und nĂĽtzt ab, und die SS will, dass wir durch die Arbeit sterben; daher mĂĽssen wir uns bei der Arbeit schonen, weil auch da der Tod drin lauert. Und dann ist da noch die Zeit: Die SS meint, wenn wir nichts zu essen bekommen und arbeiten mĂĽssen, werden wir am Ende sterben; die SS meint, dass sie uns durch die MĂĽdigkeit besiegen wird, das heiĂźt durch die Zeit, und der Tod lauert in der Zeit."Â
Auszug aus von dem "Menschengeschlecht" von Robert Antelme, Gallimard Paris 1957, hier S.57 im Deutscher Taschenbuch Verlag München 1990