Die Entstehung der Schutzstaffel (SS)
Um zu verstehen, wie das System der Nationalsozialisten funktionierte, muss man zunächst die beteiligten Akteure einordnen. Als ausführende Institution des Regimes kann man die Schutzstaffel (SS) verstehen. Besonders im Bezug auf die Funktion der Konzentrationslager - denn die Mitglieder der SS waren Teil der Lagerbesatzungen. Um die Handhabe der Lager, Regelwerke und die Ideologie hinter der Vernichtung von vielen Menschenleben zu begreifen, folgt ein Abriss in dessen Entstehung, Geschichte und zentrale Schlüsselfiguren.
Die SS wurde 1925 zunächst als kleine Einheit gegründet, deren Hauptaufgabe der persönliche Schutz Adolf Hitlers war. Sie war organisatorisch Teil der SA (Sturmabteilung), der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP. Zu Beginn spielte die SS eine untergeordnete Rolle: nur wenige Hundert Männer gehörten ihr an, und ihre Aufgaben beschränkten sich auf den Begleitschutz bei Parteiveranstaltungen (Höhne 1998, S. 35f.).
Einen entscheidenden Wendepunkt markierte das Jahr 1929, als Heinrich Himmler zum Reichsführer SS ernannt wurde. Unter seiner Leitung begann der systematische Ausbau der SS. Himmler verfolgte das Ziel, die SS nicht nur als bewaffnete Schutztruppe, sondern als eine ideologisch gefestigte Eliteorganisation innerhalb des nationalsozialistischen Machtapparates zu etablieren (Longerich 2012, S. 41–55).
Himmler legte besonderen Wert auf eine strenge Auswahl der Mitglieder nach rassistischen Kriterien. Nur Männer, die ihre „arische“ Herkunft über Generationen nachweisen konnten, wurden aufgenommen. Damit unterschied sich die SS deutlich von der SA, die stärker massenorientiert war. Bereits in den frühen 1930er-Jahren entwickelte die SS so das Selbstverständnis, die „politische Elite“ des NS-Staates zu sein (Longerich 2008, S. 119–123).
Die folgenden Jahre zeigten, wie erfolgreich Himmlers Strategie war: Während die SA nach dem „Röhm-Putsch“ 1934 an Einfluss verlor, stieg die SS zur zentralen Machtbasis innerhalb des NS-Regimes auf. Sie verband Polizei, Geheimdienst und militärische Einheiten in einer Organisation, die nicht nur Schutz- und Ordnungsaufgaben erfüllte, sondern bald auch für Terror, Repression und systematische Gewalt in Deutschland und den besetzten Gebieten verantwortlich war (Wachsmann 2016, S. 62–65).